Dorfchronik

„Dort, wo die Baunach auf ihrem Weg zum Main von dem 466 m hohen Büchelberg überragt wird, liegt, eingebettet in eine typisch fränkische Hügellandschaft, Ueschersdorf – ein Ort, dessen erste Anfänge sich wie die so vieler kleiner ländlicher Gemeinden im Dunkel der Vergangenheit verlieren…“

Herbert Mauser, 1975

1231 – Uesirdorf

Die Ursprünge des Ortes gehen vermutlich auf eine Rodungsperiode des Hochmittelalters zurück. Urkundlich erwähnt wurde Ueschersdorf zuerst im Jahr 1231 (laut Herbert Mauser 1322) in einer Zehnturkunde der Herren von Lichtenstein als „Eusirdorf“. Bei den Herren von Lichtenstein handelt es sich um ein Adelsgeschlecht aus dem Ritterkanton Baunach mit Sitz auf der Burg Lichtenstein, knapp 15 Kilometer von Ueschersdorf entfernt, ihres Zeichens Dienstmannen des Hochstifts Würzburg.

Bei der Schreibweise „Eusirdorf“ handelt es sich aber mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Irrtum des Schreibers, gemeint war „Uesirdorf“ – es wurden also die Anfangsbuchstaben vertauscht.

Der Name ist auf das mittelhochdeutsche Wort „nüescher“ zurückzuführen, welches Spange oder Trog bedeutet. Der Ortsname bedeutet somit „Dorf eines Spangen- oder Trogmachers“. 

Zeit der Ritter und Herzöge

Im Jahr 1433 tauchte die Schreibweise „Üsserstorff“ auf. Im Spätmittelalter wechselte der Ort an der Baunach des Öfteren den Besitz: 1394 ging der Ort an das Hochstift Würzburg und später an die Landgrafen von Thüringen. Zwischenzeitlich war Ueschersdorf auch kurz im Besitz des Herzogs Swatibor I. von Pommern-Stettin. Später fiel der Ort zurück an das Hochstift Würzburg.

1559 – Reichsunmittelbarkeit

Adelsfamilien in den Haßbergen erlangen im Jahr 1559 die Reichsunmittelbarkeit und sind somit nicht mehr dem Hochstift Würzburg, sondern dem Kaiser des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation direkt Untertan. Dies legt den Grundstein für zahlreiche Klein- und Kleinstterritorien. Auch Ueschersdorf wird damit zum Ganerbendorf. Es ist bemerkenswert, dass ein so kleiner Ort SIEBEN Ganherren hatte, sich also sieben Herren den Grundbesitz in Ueschersdorf teilten. Die Adelsfamilie von Hutten aus Birkenfeld besaß die Hälfte der Untertanen, die andere Hälfte teilten sich sechs weitere Herren wie die Truchsesse von Wetzhausen, der Kurfürstliche Pfleger zu Königsberg (Sachsen-Hildburghausen) aber auch das Hochstift Würzburg bleibt Grundbesitzer in Ueschersdorf. So viele Grundherren gab es nur in wenigen Orten im heutigen Landkreis Haßberge, wie zum Beispiel in Westheim, Unfinden oder Sylbach. 

1585 – Hinweise auf eine Dorfordnung

Bereits im Jahr 1585 soll es laut Dorfordnung von 1654 eine solche gegeben haben, die das politische Leben und das Dorfgeschehen in der schwierigen Situation mit vielen verschiedenen Lehnsherren regelte. 1610 taucht außerdem eine weitere Schreibweise auf: „Uscherßdorff“, 1619 ist wiederum vom „Schmied von Üschersdorff“ die Rede.

Von 1557 bis 1561 wird mit der Erlaubnis des Würzburger Fürstbischofs Melchior die Dorfmühle erbaut.

1601 – die Kirche

Der Turm der Uescherdorfer Kirche „St. Michael“ geht auf das Jahr 1601 zurück, vollendet wurde der Bau 1603. Es handelt sich um einen achtseitigen Knickhelm und somit um einen Echter-Turm, der Bau fiel in die Zeit der Gegenreformation unter Fürstbischof Julius Echter.

Der neben der Kirche gelegene Friedhof entstand zur selben Zeit. Das neuromanische Langhaus der heutigen evangelischen Kirche, die zur Pfarrei Ditterswind gehört, ist allerdings 250 Jahre jünger. 1868 wurde die Orgel mit 13 Registern von Ludwig Ratzmann gebaut. Protestantisch wurde Ueschersdorf 1811, bis dahin gehörte die Kirche zur katholischen Pfarrei Hofheim. Heute gehört Ueschersdorf zur Pfarrei Ditterswind.

1632 – in Brand gesteckt

Das frühe 17. Jahrhundert war von großen Tragödien geprägt: 1611 fordert ein Pestausbruch 40 Todesopfer und 1632 fodert der Dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) seinen verheerenden Tribut: Zwar kam dem kleinen Dorf an der Baunach nie größere Bedeutung im Kriegsgeschehen zu, allerdings steckte ein von Ebern kommendes, 600 Mann starkes (vermutlich schwedisches, Herbert Mauser spricht allerdings von „Kroaten“) Heer den Ort in Brand und trieb das Vieh nach Haßfurt.

1654 – Eine neue Dorfordnung

Aus dem Jahr 1654 ist eine Dorfordnung aus Ueschersdorf im Archiv der Marktgemeinde Burgpreppach erhalten. Diese garantierte durch spezifische Regeln das friedliche Miteinander der Einwohner und regelte die Verwaltung des Gemeindevermögens. In der Ueschersdorfer Ordnung wird deutlich, dass die Dorfgemeinschaft gut verstand, ihre Gemeinderechte zu verteidigen. Über die Dorfordnung, die als dritte Instanz neben der „hohen“ und „niederen“ Gerichtbarkeit zu werten ist (beide von den Lehnsherren ausgeübt), stimmten die sogenannten „Nachbarn“ (Dorfbewohner mit Grundbesitz) in der Gemeindeversammlung ab. Aus ihrer Mitte wurde ein „Bauermeister“ (vergleichbar mit einem Bürgermeister) gewählt. Knechte und Familienangehörige ohne eigenen Besitz hatten kein Stimmrecht. Die neue Dorfordnung regelte unter anderem Zu- und Wegzugsgebühren, die Holznutzung im Gemeindewald, das Obsternten, die Feldbestellung und die Jagd.

Die Ueschersdorfer Ordnung zeichnet aus, dass es kaum herrschaftlichen Einfluss auf das Dorfgeschehen gab. Außerdem setzte sich die Dorfgemeinschaft für eine allgemeine Grundbildung ein, indem ein Schulmeister angestellt wurde. Der Ort zählte zu dieser Zeit 18 Wohnhäuser (bis auf drei alle evangelisch).

1704 verkauft Sachsen seine „Rechte zu Ueschersdorf“ an den Würzburger Bischof Johann Philipp.

1803 – Ueschersdorf wird toskanisch

Als die Kirche im Rahmen der Säkularisation ihre weltlichen Besitztümer bzw. die reichsunmittelbaren Adligen im Rahmen der Mediatisierung ihre Territorien verloren, kam Ueschersdorf 1803 (wie auch der Großteil des heutigen Unterfrankens inklusive Würzburg) in den Besitz des Hauses Habsburg-Lothringen, genauer gesagt an den Großfürsten Ferdinand III. Joseph Johann Baptist Erzherzog von Österreich-Toskana aus Florenz und wurde sozusagen „toskanisch“.

1814 – Bayern

Im Jahr 1814 fiel der Großteil des Großherzogtums Würzburg endgültig an das Königreich Bayern unter König Max I. Joseph und war fortan Teil des Untermainkreises, benannt nach dem Unterlauf des Maines, welcher später der heutige Regierungsbezirk Unterfranken wurde.

Ueschersdorf wurde eine Kommune der III. und somit untersten Klasse (weniger als 500 Familien) nach dem Einteilungsmaßstab der Gemeindeverfassung von 1818. Das politische Leben konnte somit nur noch sehr bedingt selbst bestimmt werden, was eine große Veränderung zur früheren Dorfordnung darstellte. In den nächsten Jahrzehnten wurde den Kommunen aber wieder Stück für Stück mehr Freiraum zugesprochen.

1875 – die Feuerwehr

Am 17. Mai 1875 wurde der Feuerwehrverein Ueschersdorf gegründet. Dies bezeugt ein Versammlungsprotokoll aus dem „Englischen Hof“, dem späteren Gasthaus Hofler,  erster „Commandant“ wird Kaufmann und Landwirt Adam Gerner. Der erste „echte“ Einsatz ließ dann einige Jahre auf sich warten: erst 1912 war in Sulzbach ein nennenswerter Brand zu löschen. Im Januar 1878 fand im Englischen Hof der erste Feuerwehrball statt, welcher in den folgenden Jahren abwechselnd in den Gastwirtschaften Hofler und Schäfer veranstaltet wurde. Im Jahr 1919 spielte beispielsweise die Musikkapelle „Otto Schütz und Genossen“ zum Tanz auf.

1900 – Bezirksamt Hofheim

Im Jahr 1900 kommt der Ort vom Bezirksamt Königshofen zu Hofheim, dieses wird später in Landkreis Hofheim umbenannt. Im selben Jahr wird die Gemeindewaage und Straßenbeleuchtung installiert – 1921 wird der Ort schließlich elektrifiziert.

1907 – die alte Schule

Das heutige Vereinsheim am Ortsausgang Richtung Hofheim wurde im Jahr 1907 als Schulhaus errichtet. 1973 wurde der alte Schulsaal zum gemütlichen Vereinslokal umgebaut.

Zwei Weltkriege

Der Erste Weltkrieg kostete zehn Ueschersdorfer Männern das Leben. 16 Gefallene/ Vermisste gehen auf den Zweiten Weltkrieg zurück. An sie erinnert das Kriegerdenkmal am Büchelberg, welches am 1. August 1931 enthüllt wurde.

1952 – das Brauhaus

Im Jahr 1952 wurde das Ueschersdorfer Brauhaus errichtet. Dort braut die Dorfgemeinschaft bis heute (mit einer Unterbrechung um die Jahrtausendwende) das Ueschersdorfer Hausbier.

1967 – das erste „Wiesenfest“

Seit 1967 veranstaltete die Feuerwehr jährlich ein „Wiesenfest“, das sich über die Ortsgrenzen hinaus schnell großer Beliebtheit erfreute und nach der Verlegung auf den gegenüberliegenden Dorfplatz unter der großen Linde auch einen neuen Namen erhielt: das Lindenfest

1972 – Landkreis Haßberge

Die Gebietsreform von 1972 macht Ueschersdorf zum Teil des neu gegründeten Landkreises Haßberge. Bis dahin war der Ort eine Gemeinde im Landkreis Hofheim.

1975 – eine ungewisse Zukunft

Aus der Chronik zum 100-Jahr-Jubiläum der Feuerwehr schrieb Herbert Mauser: „Über der Zukunft unseres Ortes stehen so manche Fragezeichen. Nach dem Mehrheitsbeschluß einer Bürgerversammlung vom 12. April 1971 soll Ueschersdorf mit dem Beginn des kommenden Jahres in seine frühere Kreisstadt Hofheim eingemeindet werden. Inzwischen eröffnete sich jedoch für uns auch die Möglichkeit, bis zum Jahre 1978 eine eigene Gemeinde zu bleiben. Überdies hat in den letzten Wochen Burgpreppach sein durch viele überzeugende Argumente gestütztes Interesse bekundet, mit den Ortschaften seiner näheren Umgebung eine selbstständige Verwaltungseinheit zu bilden. Wie immer diese Fragen letztlich entschieden werden: Ueschersdorf wird in absehbarer Zukunft ein neues Blatt in seiner Jahrhunderte alten Ortsgeschichte aufschlagen müssen und seine Selbstständigkeit als politische Gemeinde verlieren. Nicht verlieren aber wird es seine in eben diesen Jahrhunderten gewachsene besondere Eigenart und seinen Ruf, eines der saubersten Haßgaudörfchen zu sein.“

1978 – Burgpreppach

Im Rahmen der Gemeindegebietsreform wurde der Ort am 1. Mai 1978 Gemeindeteil von Burgpreppach.

Es handelt sich bei dieser Chronik um private Recherchen, daher werden keine Quellenangaben aufgeführt.